Sofort kaufen, Einsteigen und losfahren oder doch etwas beachten?
„On the beach“ – wie oft schrillte Chris Rea’s Song wohl durch die Stereo-Lautsprecher im Miniaturformat dieses VW Polo Coupé? Sicherlich genauso häufig wie sein Einsatz im Alltag, kurz gesagt „kaum“.
Angesichts seiner Laufleistung kein Wunder, so beträgt diese lediglich 7.500 Kilometer – gesammelt innerhalb von 26 Jahren. Anhand der Laufleistung und des Sondermodells könnte dieser Polo Beach einmal Brasiliens Küstenlinie abgefahren sein, um sich anschließend von den Strapazen in einer Garage zu erholen vergessend seit Jahrzehnten. Nach Langzeittest schaut er jedoch wahrlich nicht aus. Doch was passierte tatsächlich in den vergangenen Jahrzehnten mit diesem jungfräulichen Kleinwagen? Wir wagen einen Blick in seine Vita und treffen uns on the beach, Verzeihung „with the beach“.
Im geschichtsträchtigen Jahr 1990 entschied sich der Erstbesitzer für den Kauf eines ersten Westautos. Es sollte ein Kleinwagen werden, neu und modern sollte er sein. Die Wahl fiel auf ein royalblaues Coupé des Sondermodells Beach. Zu dieser Zeit kurzfristig ein Auto zu kaufen gestaltete sich angesichts der Grenzöffnung im Vorjahr 1989 äußerst schwierig, so waren doch die Bestände der Autohändler restlos aufgebraucht. Harald Borowski, zu dieser Zeit Volkswagen- und Audi-Vertragshändler im Zonengrenzort Helmstedt, erinnert sich: „Es gab Tage, da hattest du morgens noch zehn neue Polos auf dem Hof – die waren dann zum Mittag bereits verkauft.“ Die bundesweite Suche nach dem Wunschauto war für einen Privatier zu ambitioniert, es gab immerhin noch keine komfortablen Portale zur Autosuche wie mobile.de und Co..
Dieses Polo Coupé ist mit der grundsoliden „Topmotorisierung“ 1,3l – 55 PS und 5-Gang Schaltgetriebe ausgestattet. Ansonsten ist alles serienmäßig an Bord. Das klassische Kassettenradio Beta mit zwei Lautsprechern und Stabantenne, zwei! verstellbare Außenspiegel und die Colorverglasung. Nicht zu vergessen ist das im karibischen Strandweiß designte Interieur, welches den Chic und Charme der späten achtziger Jahre genauso verkörpert wie auch der noch vorhandene Neuwagengeruch. Es duftet nach Aufbruch, Hoffnung und grenzenlosen Möglichkeiten.
Schönheitsfehler – bleiben auch nach 26 Jahren nicht fern. Eine Begegnung mit einem geparkten LKW ging zu Lasten des Beach-Boys. Die A-Säule und die Beifahrertür ähnelten damals womöglich einer Begegnung mit Dr. Eisenfaust. Die Tür mitsamt Scheibe wurde instandgesetzt, die A-Säule lediglich ausgebessert. War es Pfusch oder einfache Unwissenheit des Besitzers gegenüber der Kfz-Versicherung, wir wissen es nicht. Was bleibt ist ein reparabler Schönheitsfehler und der Beginn einer einsamen Garagen-Karriere. Denn geschockt von diesem Unfall, beschließt der Erstbesitzer sein Polo Coupé nicht mehr regelmäßig auszuführen.
Der Erstbesitzer beweist dennoch Weitblick für Nachhaltigkeit und gönnt seinem Coupé zumindest die jährlichen Wartungen. Der ansonsten vorhandene Wartungsstau bleibt somit aus und damit steht das VW Polo Coupé tatsächlich wie ein Jahreswagen da. Das bestätigt uns auch die Probefahrt.
Fazit:
Ein solider Kleinwagen mit Großserientechnik. Die Ersatzteileversorgung ist, was Verschließteile betrifft, grundsätzlich gegeben, kann jedoch bei speziellen Teilen oder Kleinteilen schon einmal ins Leere laufen. Dann gibt es Hilfe bei einschlägigen Polo-Foren, wie zum Beispiel oder VW Classic Parts. Leider haben nicht alle VW Polo solch ein ruhiges Autoleben wie dieses Coupé verbringen können. Daher ist beim Kauf folgendes zu beachten:
- Marode Dichtungen an den Türen, Schiebedächern und der Heckklappe. Diese sorgen dann für Feuchtigkeit im Innenraum oder gar Feuchtigkeitsnester, welche dann zu Korrosion unterhalb von Teppichen oder nicht sichtbaren Hohlräumen. Neue Dichtungen werden im Zubehör preiswert angeboten, siehe Kofferraumdichtung.
- Rost lauert beim Polo nicht nur hinter Karosserieverkleidungen, sondern auch gerne an leicht zugänglichen Bereichen, wie unterhalb der Fahrzeugbatterie oder am Tankeinfüllstutzen. Eine detaillierte und gut bebilderte Übersicht bietet der Polo Experte Dirk Meyer.
- Radlager sind gerne verschlissen – durch „brummen“ während der Probefahrt. Geringere Laufleistung schützt auch hier vor Mangel nicht, denn gerade „Opa’s Garagenwagen“ leiden unter dem dauerhaften Herumstehen. Abhilfe schaffen hier neue Radlager, von Markenherstellern wie SKF bereits ab 35 €/Stück erhältlich.
Unser Tipp – es muss nicht immer ein seltener G40 der ersten Serie sein, ein unverbasteltes Original als eines der zahlreichen Sondermodelle kann durchaus interessant und wertstabil sein. Laut Classic Data befindet sich der aktuelle Marktwert für ein Polo Coupé mit Basisausstattung und Zustand 2 bei 3.500,00 €. Unser Geheimtipp: Ein grundsolider GT ist sicherlich interessant oder ein Sondermodell aus den späten 1980er Jahren. Für die Jäger und Sammler ein Geheimtipp: Das Sondermodell SP aus dem Jahr 84 beeindruckt mit einer besonderen Innenausstattung und einigen Applikationen im Exterieur, bei der Suche ist allerdings Geduld gefragt. Geheimtipp, wo findet man sowas?